Mahnverfahren: Voraussetzungen und Ablauf

Mahnverfahren: Voraussetzungen und Ablauf
Mahnverfahren: Voraussetzungen und Ablauf
 
Wer gegen einen Dritten eine Forderung durchsetzen möchte, kann anstatt Klage zu erheben seine Forderung im Weg des Mahnverfahrens beitreiben. Das Verfahren ist in der Zivilprozessordnung geregelt. Als vereinfachtes Verfahren dient es der Geltendmachung von Geldansprüchen.
 
 Wie wird das Mahnverfahren eingeleitet?
 
Der Gläubiger muss seinen Anspruch mittels eines von den Amtsgerichten vorgehaltenen Formulars geltend machen. Die Formulare enthalten Hinweise, wie der Antrag auszufüllen ist.
 
 Welches Gericht ist zuständig?
 
Der Gläubiger muss seinen Antrag auf Erlass des Mahnbescheids bei dem Amtsgericht beantragen, an dem er seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Ist der Gläubiger eine natürliche Person, so ist sein allgemeiner Gerichtsstand sein Wohnsitz. Ist der Gläubiger eine juristische Person, z. B. eine Gesellschaft oder Genossenschaft, so ist der allgemeine Gerichtsstand am Sitz der Gesellschaft. Hat ein Gläubiger im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin ausschließlich zuständig. Unabhängig von der Höhe der geltend gemachten Forderung sind die Amtsgerichte für die Durchführung des Mahnverfahrens zuständig. In Angelegenheiten der Arbeitsgerichtsbarkeit wird das Mahnverfahren von den Arbeitsgerichten durchgeführt.
 
 Was ist beim Antrag auf Erlass des Mahnbescheids zu beachten?
 
Die Parteien, Antragsteller und Antragsgegner, müssen genau bezeichnet sein nebst vollständiger postalischer Anschrift. Das Gericht, bei dem der Antrag gestellt wird, muss bezeichnet sein. Der Anspruch muss exakt bezeichnet sein. Der Antragsgegner muss erkennen können, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht wird. Beispiel: Forderung aus Kaufvertrag vom 02. 01. 1999. Die Geldforderung muss beziffert sein. Neben der Hauptforderung können Nebenforderungen geltend gemacht werden, z. B. Zinsen. Der Antrag muss die Erklärung enthalten, dass der Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhängt oder dass die Gegenleistung bereits erbracht ist. Zusätzlich muss der Antrag die Bezeichnung des Gerichts enthalten, das für ein streitiges Verfahren zuständig ist. Der Antrag muss handschriftlich unterzeichnet werden.
 
 Welche Wirkung hat der Erlass des Mahnbescheids?
 
Das Mahngericht prüft, ob der Antrag auf Erlass des Mahnbescheids ordnungsgemäß gestellt ist. Das Gericht stellt den Mahnbescheid von Amts wegen dem Schuldner zu. Es prüft nicht, ob der Anspruch tatsächlich besteht oder nicht. Der Mahnbescheid kann auch durch Niederlegung zugestellt werden. Der Schuldner/Antragsgegner erhält einen Benachrichtigungsschein. Der Gläubiger/Antragsteller wird von der Zustellung des Mahnbescheids in Kenntnis gesetzt. Der Tag der Zustellung wird ihm bekannt gemacht. Mit der Zustellung des Mahnbescheids gilt die Verjährung der Forderung bereits im Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Erlass des Mahnbescheids als unterbrochen, sofern die Zustellung des Mahnbescheids »demnächst« erfolgte. Beispiel: Zur Unterbrechung der Verjährung stellt der Gläubiger am 31. 12. Antrag beim zuständigen Mahngericht auf Erlass eines Mahnbescheids. Der Antrag wird dem Schuldner am 05. 01. des neuen Jahres zugestellt. Die Forderung, die am 31. 12. verjährt wäre, ist nun nicht verjährt. Die Wirkung der Verjährungsunterbrechung tritt rückwirkend ein.
 
 Was kostet das Mahnverfahren?
 
Bei Kosten sind die Gerichtskosten von den Anwaltskosten und den sonstigen Auslagen zu unterscheiden. Das Mahnverfahren gilt als kostengünstig. Als Gerichtskosten ist eine halbe Gebühr vorzuleisten (anders als bei Klageeinreichung, die den Vorschuss von drei vollen Gerichtsgebühren verlangt). An Anwaltskosten entsteht eine zehn/zehntel Prozessgebühr zuzüglich Auslagen und gegebenenfalls Mehrwertsteuer. Zusätzlich kann der Gläubiger sonstige Auslagen festsetzen lassen, die er im Rahmen der Geltendmachung der Forderung hatte. Beispiel: Auslagen für Auskünfte beim Einwohnermeldeamt oder für die Einholung von Handelsregisterauszügen.
 
 Welchen Inhalt hat der Mahnbescheid?
 
Der Inhalt des Mahnbescheids entspricht den oben geschilderten Antragserfordernissen. Zusätzlich weist das Gericht darauf hin, dass es nicht geprüft hat, ob dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch auch tatsächlich zusteht. An den Schuldner ergeht die Aufforderung, innerhalb von zwei Wochen seit der Zustellung des Mahnbescheids, soweit der geltend gemachte Anspruch als begründet angesehen wird, die Schuld nebst den Zinsen und den bezifferten Kosten zu begleichen. Anderenfalls möge der Schuldner dem Gericht mitteilen, ob und in welchem Umfang er dem Anspruch widerspricht. Ein Formular zur Einlegung des Widerspruchs ist beigefügt. Zusätzlich ergeht der Hinweis an den Schuldner, dass ein dem Mahnbescheid entsprechender Vollstreckungsbescheid ergehen kann, aus dem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben kann, sofern der Schuldner nicht fristgerecht dem Mahnbescheid widerspricht. Außerdem weist das Gericht darauf hin, an welches Gericht im Falle des Widerspruchs der Rechtsstreit abgegeben wird.
 
 Welchen Rechtsbehelf hat der Schuldner/Antragsgegner gegen den Mahnbescheid?
 
Der Schuldner kann gegen den Mahnbescheid innerhalb zwei Wochen ab Zustellung Widerspruch einlegen. Er muss den Widerspruch nicht begründen. Der Widerspruch muss innerhalb der zwei Wochen beim Amtsgericht, welches den Mahnbescheid erlassen hat, eingegangen sein. Mit dem Widerspruch wird das weitere Mahnverfahren aufgehalten. Auf Antrag des Gläubigers wird das Verfahren in das streitige Verfahren übergeleitet. Dafür muss der Gläubiger die Differenz zu den vollen drei Gerichtsgebühren vorleisten.
 
 Was geschieht, wenn der Schuldner nicht widerspricht?
 
Legt der Schuldner keinen Widerspruch ein, so kann der Gläubiger nach Ablauf von zwei Wochen ab Zustellung des Mahnbescheids den Vollstreckungsbescheid beantragen. Auch der Vollstreckungsbescheid wird dem Schuldner zugestellt. Der Gläubiger kann wählen, ob das Mahngericht von Amts wegen den Vollstreckungsbescheid zustellen soll oder die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher erfolgen soll. Der Vollstreckungsbescheid steht einem vorläufig vollstreckbaren Versäumnisurteil gleich. Er ist ein vollstreckbarer Titel, mit dem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben kann.
 
 Welchen Rechtsbehelf hat der Schuldner gegen den Vollstreckungsbescheid?
 
Der Schuldner/Antragsgegner kann wiederum binnen zwei Wochen ab Zustellung des Vollstreckungsbescheids Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einlegen. Auch der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid muss innerhalb der Zweiwochenfrist beim Mahngericht eingegangen sein. Hat der Schuldner gegen den Mahnbescheid verspätet Widerspruch eingelegt, so wird der verspätete Widerspruch als Einspruch behandelt. Wird Einspruch eingelegt, gibt das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, welches im Mahnbescheid bezeichnet worden ist. Das Gericht setzt dem Gläubiger eine Frist, innerhalb der er seinen Anspruch zu begründen hat. War der Einspruch zu spät eingelegt, kann er verworfen werden. Zu beachten ist, dass der Gläubiger, auch wenn der Schuldner gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt hat, nicht gehindert ist, die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Will der Schuldner die drohende Zwangsvollstreckung abwenden, so muss er zusätzlich zum Einspruch einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid stellen.
 
 Welche Mitwirkungspflichten hat der Gläubiger im Mahnverfahren?
 
Hat der Schuldner keinen Widerspruch eingelegt, so muss der Gläubiger innerhalb von sechs Monaten ab Zustellung des Mahnbescheids Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids stellen. Versäumt er diesen Antrag, fällt die Wirkung des Mahnbescheids weg. Hat der Gläubiger den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids fehlerhaft oder unvollständig gestellt, so kann das Gericht seinen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids zurückweisen. Vor der Zurückweisung ist der Antragsteller zu hören. Wird der Antrag zurückgewiesen und will der Gläubiger dennoch die verjährungsunterbrechende Wirkung herbeiführen, so muss er innerhalb eines Monats seit Zustellung der Zurückweisung des Antrags Klage gegen den Schuldner einreichen. Diese Klage fingiert eine Verjährungsunterbrechung bereits im Zeitpunkt der Einreichung des — zwar fehlerhaften — Antrags auf Erlass des Mahnbescheids, jedenfalls dann, wenn diese Klage »demnächst« dem Antragsgegner/jetzt Beklagten zugestellt wird.
 
 
Dieter Kronenbitter und Beate Magnussen: Das gerichtliche Mahnverfahren. Ehningen 1993.
 
Der Mahnbescheid u. seine Vollstreckung, begründet von Edeltraut Samson u. a., fortgeführt von Roman Schneider. Stuttgart 41998.
 Joachim Newing: Mahnen, Klagen, Vollstrecken. Ein Leitfaden für Gläubiger u. Schuldner. Mit Checklisten. München 51999.

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mahnverfahren — Inhaltsverzeichnis 1 Mahnverfahren in Deutschland 1.1 Zuständigkeit 1.2 Ablauf 1.2.1 Schriftlicher Antrag …   Deutsch Wikipedia

  • Gerichtliches Mahnverfahren — Das Mahnverfahren (amtlich gerichtliches Mahnverfahren) ist ein Gerichtsverfahren, das in Deutschland der vereinfachten Durchsetzung von Geldforderungen dient. Es ist in § 688 ff. ZPO geregelt und nicht zu verwechseln mit außergerichtlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Zivilprozessrecht (Deutschland) — Das Zivilprozessrecht der Bundesrepublik Deutschland umfasst als Rechtsgebiet alle gesetzlichen Bestimmungen, die den formalen Ablauf von Zivilverfahren (Zivilprozesse) regeln. Es wird daher als formelles Zivilrecht bezeichnet, während das… …   Deutsch Wikipedia

  • Mahnbescheid — Das Mahnverfahren (amtlich gerichtliches Mahnverfahren) ist ein Gerichtsverfahren, das in Deutschland der vereinfachten Durchsetzung von Geldforderungen dient. Es ist in § 688 ff. ZPO geregelt und nicht zu verwechseln mit außergerichtlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Scheckmahnverfahren — Das Mahnverfahren (amtlich gerichtliches Mahnverfahren) ist ein Gerichtsverfahren, das in Deutschland der vereinfachten Durchsetzung von Geldforderungen dient. Es ist in § 688 ff. ZPO geregelt und nicht zu verwechseln mit außergerichtlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Urkundenmahnverfahren — Das Mahnverfahren (amtlich gerichtliches Mahnverfahren) ist ein Gerichtsverfahren, das in Deutschland der vereinfachten Durchsetzung von Geldforderungen dient. Es ist in § 688 ff. ZPO geregelt und nicht zu verwechseln mit außergerichtlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Vollstreckungsbefehl — Das Mahnverfahren (amtlich gerichtliches Mahnverfahren) ist ein Gerichtsverfahren, das in Deutschland der vereinfachten Durchsetzung von Geldforderungen dient. Es ist in § 688 ff. ZPO geregelt und nicht zu verwechseln mit außergerichtlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Vollstreckungsbescheid — Das Mahnverfahren (amtlich gerichtliches Mahnverfahren) ist ein Gerichtsverfahren, das in Deutschland der vereinfachten Durchsetzung von Geldforderungen dient. Es ist in § 688 ff. ZPO geregelt und nicht zu verwechseln mit außergerichtlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Wechselmahnverfahren — Das Mahnverfahren (amtlich gerichtliches Mahnverfahren) ist ein Gerichtsverfahren, das in Deutschland der vereinfachten Durchsetzung von Geldforderungen dient. Es ist in § 688 ff. ZPO geregelt und nicht zu verwechseln mit außergerichtlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Zivilklage — Dieser Artikel behandelt einen Zivilprozess im juristischen Sinn; für den gleichnamigen Film siehe Zivilprozess (Film). Der Zivilprozess dient der Durchsetzung materieller Rechte und Ansprüche des Klägers oder der Feststellung bestimmter… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”